Kündigung ohne Grund – diese Chancen haben Arbeitnehmer

Eine Kündigung ist belastend. Das gilt umso mehr, wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen in dem Kündigungsschreiben keinen Grund für die Entlassung nennt. Eine Kündigung ohne Angabe von Gründen ist durchaus üblich. Wir erklären, welche Rechte Sie nach einer Kündigung ohne Grund haben.

Das Wichtigste zusammengefasst

  • Ihr Arbeitgeber muss den Grund für Ihre Entlassung in aller Regel nicht im Kündigungsschreiben angeben.
  • Spätestens vor Gericht muss der Arbeitgeber aber einen Kündigungsgrund beweisen können.
  • Ihr Arbeitgeber kann Ihnen aus personenbedingten, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Gründen ordentlich kündigen.
  • Die Schwelle für eine fristlose Kündigung liegt noch deutlich höher.
  • Nur im Kleinbetrieb und während der Wartezeit (Probezeit) ist eine Kündigung ohne Grund möglich.
  • In den meisten Fällen haben Sie gute Chancen auf eine Abfindung.
  • Wenn Sie gekündigt werden, sollten Sie umgehend einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufsuchen. Sie haben nur drei Wochen Zeit, um die Kündigung anzugreifen.
  1. Ist eine ordentliche Kündigung ohne Grund möglich?
    a. Personenbedingte Kündigung
    b. Verhaltensbedingte Kündigung
    c. Betriebsbedingte Kündigung
  2. Darf eine fristlose Kündigung ohne Grund ausgesprochen werden?
  3. Ist im Kleinbetrieb eine Kündigung ohne Grund wirksam?
  4. Was gilt in der Probezeit?
  5. Erhalte ich eine Abfindung nach einer Kündigung ohne Grund?
  6. Was tun nach einer Kündigung ohne Grund?

 

  1. Ist eine ordentliche Kündigung ohne Grund möglich?

Eine ordentliche Kündigung ist der Normalfall. Sie führt dazu, dass Ihr Arbeitsverhältnis nicht von einem Tag auf den anderen, sondern erst nach Ablauf der Kündigungsfrist endet.

In aller Regel benötigt der Arbeitgeber einen Grund für die ordentliche Kündigung. Er muss diesen allerdings nicht im Kündigungsschreiben nennen. Spätestens vor Gericht hat er aber darzulegen, aus welchem Grund er Ihnen gekündigt hat.

Die möglichen Kündigungsgründe sind eng umgrenzt. Geregelt sind diese im Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Demnach kann der Arbeitgeber seine Kündigung nur auf drei Gründe stützen:

  • Personenbedingte Gründe
  • Verhaltensbedingte Gründe
  • Betriebsbedingte Gründe

Jeder dieser Kündigungsgründe hat eigene Voraussetzungen, die wir Ihnen im Folgenden vorstellen.

Beachten Sie: Einige Arbeitnehmer sind tarifvertraglich unkündbar. Außerdem genießen bestimmte Gruppen besonderen Kündigungsschutz (z.B. Betriebsräte, Schwerbehinderte, Arbeitnehmer in Elternzeit oder Mutterschutz). Diese Personen sind noch besser vor Entlassungen geschützt.

a. Personenbedingte Kündigung

Der Arbeitgeber kann Ihnen personenbedingt kündigen, wenn Sie die geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen können.

Beispiele:

Busfahrer A hat seine Fahrerlaubnis verloren.
Busfahrer A muss eine langjährige Haftstrafe antreten.

Besonders oft kommt die krankheitsbedingte Kündigung vor. Für diese gelten allerdings strenge Anforderungen:

  1. Die Erkrankung muss Sie auch zukünftig bei der Erbringung Ihrer Arbeit beeinträchtigen. In diesen Fällen spricht man von einer „negativen Gesundheitsprognose“. Ausgeheilte Erkrankungen dürfen nicht berücksichtigt werden.

Beispiele:

  • Kurz nach einem auskurierten Beinbruch bricht sich Busfahrer A bei einem Autounfall erneut das Bein.Da der erste Beinbruch auskuriert war, darf er bei der Bewertung der zukünftigen Leistungsfähigkeit nicht berücksichtigt werden. Es besteht kein Zweifel daran, dass der zweite Beinbruch erneut verheilen wird. Der erneute Beinbruch mag ein blöder Zufall sein. Trotzdem besteht bei einer Verletzung durch einen Unfall keine Wiederholungsgefahr.  Es ist daher auch keine negative Gesundheitsprognose gegeben.
  • Der Autounfall führt zu einer Beinamputation bei Busfahrer A.Die Amputation wird es A unmöglich machen, einen Bus zu führen. Durch die Verletzung kann A seine vertraglich geschuldete Leistung nicht mehr erbringen. Eine negative Gesundheitsprognose ist gegeben.
  1. Durch Ihre Erkrankung werden betriebliche Interessen beeinträchtigt.

Beispiele:

– Der Arbeitgeber muss Ihnen wegen Ihrer Erkrankung Entgelt fortzahlen. Nach sechs Wochen zusammenhängenden Ausfalls ist das aber nicht mehr der Fall und dieses Argument entfällt für den Arbeitgeber.
– Durch Ihre Ausfallzeiten kommt es zu einem Produktionsrückgang.
– Das restliche Personal wird durch Ihren Ausfall überlastet.
– Durch Ihren Ausfall muss Ersatzpersonal eingearbeitet werden.

  1. Die personenbedingte Kündigung muss das letzte Mittel für Ihren Arbeitgeber sein. Es darf keine andere leidensgerechte Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb geben. Sind Sie innerhalb eines Jahres wiederholt oder ununterbrochen mehr als 6 Wochen krank, muss Ihr Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) durchführen. Ihr Arbeitgeber hat also zu versuchen, Ihre Beschäftigung den krankheitsbedingten Umständen anzupassen.
  1. Das Interesse des Arbeitgebers an der Kündigung muss Ihr Interesse an einer Weiterbeschäftigung überwiegen. Gegen die Kündigung kann beispielsweise sprechen:
    • Ihr Alter (ältere Arbeitnehmer genießen faktisch einen höheren Kündigungsschutz)
    • Ihr Familienstand
    • Die Dauer des Arbeitsverhältnisses (je länger, desto höher de Schutz)
    • Ob die Erkrankung auf betriebliche Ursachen zurückzuführen ist (etwa Lärm, Hitze oder veraltete Maschinen)
    • Ob das Arbeitsverhältnis bis zur Kündigung ungestört verlaufen ist
    • Ihre zukünftigen Chancen auf dem Arbeitsmarkt

Wie Sie sehen, sind die Voraussetzungen einer krankheits- bzw. personenbezogenen Kündigung zahlreich und engmaschig. Immer wieder werden Kündigungen ausgesprochen, die diesen Anforderungen nicht gerecht werden. Es lohnt sich daher, die Entlassung prüfen zu lassen.

Haben Sie Fragen?

Dann gehört Ihr Fall in die Hände eines Fachanwalts für Arbeitsrecht. Ich unterstütze Sie mit meiner langjährigen Erfahrung. Treten Sie mit mir in Kontakt, um die drängendsten Fragen gleich zu klären.

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b. Verhaltensbedingte Kündigung

Bei einer verhaltensbedingten Kündigung wird Ihnen der Vorwurf gemacht, dass Sie durch Ihr Verhalten Pflichten aus dem Arbeitsvertrag schuldhaft verletzt haben. Das geschah in einem Ausmaß, dass das Vertragsverhältnis nun dauerhaft gestört scheint. Nur durch die Kündigung kann Ihr Arbeitgeber das Risiko weiterer Vertragsverletzung vermeiden.

Ein solches Verhalten kann etwa sein:

  • Mobbing
  • Beleidigung
  • Bedrohung
  • Diebstahl
  • Erheblich unterdurchschnittliche Arbeitsleistungen
  • Häufiges Zuspätkommen
  • Alkoholkonsum auf der Arbeit

Die verhaltensbedingte Kündigung ist nur möglich, wenn eine Veränderung Ihres Verhaltens nicht zu erwarten ist. Sie müssen in aller Regel wegen dieser Pflichtverletzungen zuvor abgemahnt worden sein. Frühestens beim nächsten gleichgelagerten Fehltritt droht Ihnen die Kündigung. Abmahnungen wegen ganz anderer Verstöße spielen keine Rolle.

Beispiele:

  • Sie wurden wegen einer Beleidigung abgemahnt. Nun will Ihr Arbeitgeber Ihnen wegen Unpünktlichkeit kündigen. Da sich die Abmahnung nicht auf Ihre Unpünktlichkeit bezog, muss er Sie zunächst erneut deswegen abmahnen.
  • Sie wurden wegen Alkoholkonsums während der Arbeitszeit bereits mehrfach abgemahnt. Sie stellen Ihren Alkoholkonsum dennoch nicht ein. Eine Veränderung Ihres Verhaltens ist daher nicht anzunehmen und eine verhaltensbedingte Kündigung grundsätzlich möglich.

Eine verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung kommt nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht, etwa bei besonders schweren Pflichtverstößen.

c. Betriebsbedingte Kündigung

Von einer betriebsbedingten Kündigung spricht man, wenn Ihr Arbeitgeber den Personalbestand an den Personalbedarf anpasst. Gründe hierfür können sein:

Die von Ihrem Arbeitgeber getroffenen Entscheidungen müssen dazu führen, dass Ihr Arbeitsplatz dauerhaft wegfällt. Zudem darf es Ihrem Arbeitgeber nicht möglich sein, Ihnen eine vergleichbare Stelle anzubieten. Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss Ihr Arbeitgeber außerdem eine Sozialauswahl treffen. Die Kündigung muss also vorrangig demjenigen gegenüber erfolgen, den sie am wenigsten hart trifft. In die Sozialauswahl werden unter anderem

  • Dauer der Betriebsangehörigkeit
  • Alter
  • Unterhaltspflichten
  • Schwerbehinderungen

mit einbezogen. Gerade die Sozialauswahl erweist sich häufig als fehlerhaft und eignet sich gut als Angriffspunkt, um gegen die Kündigung vorzugehen.

Mehr Informationen zur betriebsbedingten Kündigung finden Sie hier.

  1. Darf eine fristlose Kündigung ohne Grund ausgesprochen werden?

Die fristlose Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis ohne Berücksichtigung einer Kündigungsfrist.

Ihr Arbeitgeber muss auch hier den Grund im Kündigungsschreiben nicht benennen (s. aber die o.g. Ausnahmen). Allerdings hat Ihr Arbeitgeber Ihnen den Grund unverzüglich schriftlich mitzuteilen, wenn Sie danach verlangen. Kommt er dem nicht nach, wird die Entlassung zwar nicht rechtswidrig; Sie können unter Umständen aber Schadensersatz für einen umsonst erhobenen Kündigungsprozess verlangen (insbes. wegen der Anwaltskosten).

Selbstverständlich muss auch im Rahmen der fristlosen Kündigung ein Kündigungsgrund vorliegen – nur dessen Benennung ist zunächst entbehrlich.  Solche Gründe können z.B. sein:

  • Sexuelle Belästigung
  • Straftaten gegenüber dem Arbeitgeber
  • Beharrliche Arbeitsverweigerung
  • Eigenmächtige Beurlaubung
  • Öffentliche Beleidigungen gegenüber dem Arbeitgeber

Ob ein solcher Kündigungsgrund tatsächlich vorliegt, ist am Einzelfall zu bemessen. Eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung müssen für Ihren Arbeitgeber unzumutbar sein. Die Erfahrung zeigt, dass Arbeitgeber zu schnell einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung annehmen.

Nachdem Ihr Arbeitgeber von dem wichtigen Grund Kenntnis erlangt, hat er maximal zwei Wochen Zeit, um die fristlose Kündigung auszusprechen. Nach Ablauf der zwei Wochen kann er sich auf den Grund nicht mehr berufen. Es kommt dann allenfalls noch eine ordentliche (verhaltensbedingte) Kündigung in Betracht (s.o.).

  1. Ist im Kleinbetrieb eine Kündigung ohne Grund wirksam?

Der hohe Kündigungsschutz gilt, wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. In Kleinbetrieben ist dies aber nicht der Fall. Dies sind Betriebe mit 10 oder weniger Mitarbeitern. In Kleinbetrieben kann daher ohne Grund gekündigt werden – weder muss ein Grund genannt werden, noch muss ein solcher vorliegen.

Dennoch kann eine Kündigung auch im Kleinbetrieb in Ausnahmefällen angreifbar sein. Das ist etwa der Fall, wenn sie willkürlich oder sittenwidrig ist.

Beispiel: Der Arbeitgeber kündigt aus rassistischen Motiven oder, weil der Arbeitnehmer in seiner Freizeit an einer verfassungsgetreuen Demo teilgenommen hat.

  1. Was gilt in der Probezeit?

Das KSchG findet Anwendung, wenn Ihr Arbeitsverhältnis mindestens sechs Monate Bestand hat. Diese Zeit wird oft Probezeit genannt. Korrekt ist die Bezeichnung als „Wartezeit“. Während dieser Dauer gilt dasselbe wie im Kleinbetrieb: Ein Kündigungsgrund ist nicht notwendig und muss dementsprechend auch nicht angegeben werden. In Ausnahmefällen ist die Entlassung dennoch angreifbar.

Ob das KSchG anzuwenden ist, richtet sich übrigens nach dem Datum, an dem die Kündigung bei Ihnen zugeht (und nicht etwa nach dem Datum auf dem Schreiben). Erhalten Sie die Entlassung erst nach Ablauf der Wartezeit, genießen Sie den vollen allgemeinen Kündigungsschutz.

  1. Erhalte ich eine Abfindung nach einer Kündigung ohne Grund?

    Wenn Sie das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen möchten, haben Sie in vielen Fällen gute Chancen auf eine Abfindung (Ausnahme: Kleinbetrieb und Probezeit). Das Gesetz sieht aber keinen entsprechenden Anspruch vor. Sie müssen also selbst aktiv werden und mit Ihrem Arbeitgeber verhandeln. Insbesondere diese Optionen kommen in Betracht, um eine Abfindung zu erzielen:

    Abfindung per Einigung vor Gericht  

    Besonders häufig vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Abfindung vor Gericht. Dies geschieht wie folgt:

    1. Ihr Arbeitgeber hat Ihnen gekündigt.
    2. Sie klagen innerhalb von drei Wochen gegen die Kündigung beim Arbeitsgericht.
    3. Im ersten Termin vor Gericht („Gütetermin“) verhandeln Sie mit Ihrem Arbeitgeber über eine Abfindung. Sie bieten an, im Gegenzug Ihre Klage fallen zu lassen und so Ihre Kündigung zu akzeptieren. Die entsprechende Einigung nennt man „gerichtlichen Vergleich“.

    Arbeitgeber sind in aller Regel an einer solchen Einigung interessiert. So können sie nämlich das Risiko vermeiden, dass das Gericht die Kündigung für unwirksam erklärt und der Mitarbeiter wieder in den Betrieb integriert und für die gesamte Prozessdauer nachbezahlt werden muss.

    Abfindung per Abwicklungsvertrag

    Ein ähnliches Ergebnis lässt sich mit einem Abwicklungsvertrag erreichen. Der wesentliche Unterschied: Im Abwicklungsvertrag verzichten Sie von vornherein auf die Klage. Statt wirklich Klage zu erheben, drohen Sie diese in den Verhandlungen nur an. Es kommt also gar nicht erst zum Gerichtsprozess. Im Gegenzug für Ihren Klageverzicht erhalten Sie ebenfalls eine Abfindung.

    Achtung:  In dieser Konstellation besteht die Gefahr, dass die Arbeitsagentur eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verhängt.

    Abfindung nach betriebsbedingter Kündigung

    Insbesondere nach einer betriebsbedingten Kündigung kommen weitere Möglichkeiten in Betracht, um eine Abfindung zu erzielen.

    Hier erfahren Sie mehr zur Abfindung nach einer betriebsbedingten Kündigung.  

  2. Was tun nach einer Kündigung ohne Grund?

Wenn Sie ohne Grund gekündigt werden, sollten Sie
– einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufsuchen und
– sich bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend melden.

Ab Zugang der Kündigung haben Sie nur drei Wochen Zeit, um eine Kündigungsschutzklage zu erheben. Versäumen Sie diese Frist, so ist die Kündigung wirksam. Das gilt auch, wenn sich die Kündigung im Nachhinein als rechtswidrig herausstellen sollte. Nach Ablauf dieser Frist ist in den meisten Fällen auch nicht mehr damit zu rechnen, dass der Arbeitgeber zu einer Abfindung bereit ist.

Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann Sie hierzu beraten, das weitere Vorgehen besprechen und Sie vor Gericht vertreten.

Melden Sie sich bei der Arbeitsagentur verspätet als arbeitssuchend, kann eine sogenannte Sperrzeit verhängt werden. Damit ist ein Zeitraum gemeint, in dem Sie kein ALG I ausgezahlt bekommen. Die Anzeige sollten Sie daher spätestens 3 Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses tätigen. Kündigt der Arbeitgeber Ihnen kurzfristig, muss die Meldung spätestens 3 Tage nach dem Kündigungszugang erfolgen.

Haben Sie Fragen?

Dann gehört Ihr Fall in die Hände eines Fachanwalts für Arbeitsrecht. Ich unterstütze Sie mit meiner langjährigen Erfahrung. Treten Sie mit mir in Kontakt, um die drängendsten Fragen gleich zu klären.

Natürlich behalten Sie die volle Kontrolle über die Kosten.

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