Kündigung im Krankenstand ist oft angreifbar

Niemand wird gern gekündigt – erst recht nicht, wer gerade krank ist. Dass eine Kündigung im Krankenstand aber nicht möglich sei, ist ein weit verbreiteter Irrglaube.

Trotzdem bestehen gute Verteidigungschancen. Wir erklären, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitgeber während oder wegen einer Krankheit des Arbeitnehmers kündigen darf.

Das Wichtigste zusammengefasst

  • Entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben können auch Arbeitnehmer im Krankenstand gekündigt werden. Sogar eine außerordentliche fristlose Kündigung ist denkbar.
  • Der Arbeitgeber darf auch gerade wegen der Krankheit kündigen. Es gelten allerdings die strengen Regeln des Kündigungsschutzgesetzes.
  • Kündigt der Arbeitgeber zur Unzeit (z.B. gleich nach einem Arbeitsunfall im Krankenhaus), ist diese Kündigung rechtswidrig.
  • Gekündigte Arbeitnehmer im Krankenstand erhalten grundsätzlich weiter Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber. Nach Ablauf von sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit steht ihnen grundsätzlich Krankengeld zu.
  • Es ist auch möglich, dass der erkrankte Arbeitnehmer seinerseits kündigt. Allerdings sollte dies gut durchdacht sein – mit der Eigenkündigung riskiert der Arbeitnehmer Kürzungen beim Arbeitslosen- und Krankengeld.
  1. Darf der Arbeitgeber im Krankenstand kündigen?
  2. Ist eine Kündigung wegen der Krankheit möglich?
  3. Kündigung im Krankenstand aus anderen Gründen – möglich?
  4. Erhalte ich nach einer Kündigung im Krankenstand Krankengeld?
  5. Kann ich im Krankenstand selbst kündigen?

1. Darf der Arbeitgeber im Krankenstand kündigen?

Anders als viele glauben, sind kranke Arbeitnehmer leider nicht per se vor einer Kündigung geschützt. Sie können genauso wie gesunde Arbeitnehmer gekündigt werden.

Natürlich gilt aber: Zwischen einer Kündigung während einer Erkrankung und einer Kündigung wegen einer Erkrankung besteht ein wichtiger Unterschied. An die Kündigung wegen Krankheit werden tatsächlich hohe Anforderungen gestellt. Erfolgt die Kündigung hingegen eher zufällig während des Krankenstands, wirkt sich dies nur geringfügig auf die Kündigung aus – der kranke Arbeitnehmer wird kaum anders behandelt als ein gesunder. In bestimmten Fällen kann der Arbeitgeber seinem kranken Arbeitnehmer sogar außerordentlich fristlos kündigen.

Natürlich muss sich der Arbeitgeber aber sowohl für die ordentliche als auch für die außerordentliche Kündigung an die üblichen Kündigungsvorschriften halten. Diese machen eine Entlassung in aller Regel von strengen Voraussetzungen abhängig.

 

2. Ist eine Kündigung wegen der Krankheit möglich?

Im Krankenstand wird am häufigsten gerade wegen der Krankheit gekündigt. Vor einer Kündigung wegen Krankheit ist der Arbeitgeber aber recht gut geschützt. Es handelt sich um eine sogenannte personenbedingte Kündigung, die einige Anforderungen an den Arbeitgeber stellt. In der Regel ist nämlich das Kündigungsschutzgesetz anwendbar. Dieses verlangt, dass eine krankheitsbedingte Kündigung immer sozial gerechtfertigt sein muss, was folgendes voraussetzt:

Negative Gesundheitsprognose

Bevor der Arbeitgeber kündigen darf, muss er zunächst einmal eine „negative Gesundheitsprognose“ aufstellen. Es müssen also Tatsachen dafürsprechen, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft immer wieder oder für längere Zeit krank sein wird.

Wichtig: Dabei geht es um eine Zukunftsprognose! Es kommt also darauf an, dass der Arbeitnehmer in der Zukunft seine Arbeitsleitung nicht regelmäßig erbringen kann. Fehlzeiten in der Vergangenheit sind nur ein Indiz für künftige Ausfälle. Kann der Arbeitnehmer z.B. durch eine ärztliche Begutachtung beweisen, dass er künftig nicht mehr so häufig krank sein wird, ist die Kündigung angreifbar.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer erleidet einen Burnout und fällt mehrere Wochen aus. Der Arbeitgeber kündigt wegen der langen Fehlzeit. Der Psychologe bescheinigt allerdings, dass die Erkrankung vorüber und der Patient wieder belastbar ist. Der Arbeitnehmer hat dann gute Chancen, die Kündigung wegen des Burnouts anzugreifen.

Betriebliches Eingliederungsmanagement

Selbst wenn der Arbeitgeber eine negative Zukunftsprognose begründen kann, ist die Kündigung noch nicht automatisch wirksam. In einem zweiten Schritt muss er nämlich zunächst versuchen, den Mitarbeiter „leidensgerecht“ weiter zu beschäftigen. Das geschieht in der Praxis meist im Rahmen des betriebliches Eingliederungsmanagements: Arbeitgeber und Arbeitnehmer besprechen, wie der Mitarbeiter unter Berücksichtigung seiner Krankheit im Unternehmen arbeiten kann. Findet dieses betriebliche Eingliederungsmanagement nicht statt, ist die Kündigung oft angreifbar. Lässt sich aufgrund der Krankheit allerdings keine passende Weiterbeschäftigung ausmachen, kann dies dem Arbeitgeber nicht angelastet werden.

Interessenabwägung

In einem letzten Schritt muss der Arbeitgeber die jeweiligen Interessen abwägen. Nur wenn sein wirtschaftliches Interesse an der Kündigung deutlich größer als das Weiterbeschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers ist, darf er ihm kündigen. Hier kommt es stark auf den Einzelfall an. Folgende Fragen können z.B. eine Rolle spielen:

  • Wie sehr ist der Arbeitgeber auf die Besetzung der Stelle angewiesen?
  • Kann für die Dauer der Krankheit ein Ersatz gefunden werden?
  • Wie lange arbeitet der Mitarbeiter schon für das Unternehmen?
  • Ist der Arbeitnehmer wegen Unterhaltspflichten besonders schutzbedürftig?

Formale Anforderungen

Selbstverständlich gelten auch für die Kündigung wegen Krankheit die üblichen formalen Anforderungen. Dazu zählt, dass die Kündigung schriftlich ausgesprochen werden muss (mit Unterschrift im Original) und der Betriebsrat zuvor angehört wurde, sofern es ein solches Gremium gibt.

 

Besonderer Kündigungsschutz

Zuletzt gibt es noch den besonderen Kündigungsschutz. Einem Arbeitnehmer, der beispielsweise in der Ausbildung oder im Betriebsrat ist, darf grundsätzlich nicht gekündigt werden – auch nicht, wenn er krank ist! Ausnahmen kommen fast nur in Betracht, wenn der Mitarbeiter endgültig und vollständig ausfällt. Einer Kündigung gegenüber Mitarbeitern in Elternzeit, während einer Schwangerschaft oder mit einer Schwerbehinderung muss die zuständige Behörde zustimmen.

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3. Kündigung im Krankenstand aus anderen Gründen – möglich?

Neben der krankheitsbedingten Kündigung gibt es natürlich noch viele weitere Kündigungsgründe. Eine Krankheit steht diesen grundsätzlich nicht entgegen. Möchte ein Arbeitgeber seinen Mitarbeiter beispielsweise verhaltensbedingt oder betriebsbedingt kündigen, hindert ihn der Krankenstand des Mitarbeiters daran nicht. Die Anforderungen an die Kündigung verändern sich durch die Krankheit nicht. Das gilt auch bei psychisch stark belastenden Krankheitsbildern wie einem Burnout.

Einschränkungen kommen nur ausnahmsweise in Betracht. Eine Kündigung darf nämlich nicht treuwidrig sein, also gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Das ist z.B. der Fall, wenn die Entlassung zur Unzeit ausgesprochen wird.

Beispiel: Der Arbeitgeber überreicht die Kündigung nach einem schweren Arbeitsunfall noch am selben Tag im Krankenhaus. Allerdings darf der Arbeitgeber, wenn er denn einen Kündigungsgrund geltend machen kann, zu einem späteren Zeitpunkt wirksam kündigen.

 

4. Erhalte ich nach einer Kündigung im Krankenstand Krankengeld?

Wer eine Kündigung im Krankenstand erhält, fragt sich: Wie geht es finanziell weiter? Auch hier sind grob zwei Fälle zu unterscheiden:

Kündigung wegen der Krankheit

Der Arbeitgeber muss den entlassenen Arbeitnehmer grundsätzlich ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit sechs Wochen weiterbezahlen (sog. Entgeltfortzahlung). Das gilt selbst dann, wenn die Kündigungsfrist vor diesem Zeitraum abläuft.

Beispiel: A wird am 1. März arbeitsunfähig. Der Arbeitgeber kündigt ihm zum Ende desselben Monats. Trotzdem erhält A bis Mitte April weiter Entgeltfortzahlung, da die Krankheit gerade Anlass der Kündigung war (sog. Anlasskündigung).

Nach den sechs Wochen haben die meisten Arbeitnehmer Anspruch auf Krankgeld von der Krankenkasse, wenn sie weiterhin wegen einer Krankheit arbeitsunfähig sind. Das gilt grundsätzlich auch für die Zeit nach Ende des Arbeitsverhältnisses, wenn sie bereits zuvor krank waren.

Das Krankengeld beträgt grundsätzlich 70% des Bruttoeinkommens, max. allerdings 90% des bisherigen Nettoeinkommens. Die Leistung wird für max. 78 Wochen gewährt. Auf diese Dauer werden Zeiten der Entgeltfortzahlung angerechnet.

Kündigung aus anderen Gründen

Kündigt der Arbeitgeber im Krankenstand aus anderen Gründen als der Krankheit, muss er trotzdem zunächst bis zu sechs Wochen das Entgelt fortzahlen – allerdings nicht über das Ende der Kündigungsfrist hinaus. Im obigen Beispiel hätte A also ab Ende März keinen Anspruch mehr auf Zahlungen seines Arbeitgebers.

Nach Ablauf der sechs Wochen oder der Kündigungsfrist steht dem Arbeitnehmer auch hier Krankengeld zu. Es kann allerdings passieren, dass der Arbeitnehmer zunächst auf diese Leistung verzichten muss. Wird ihm eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld auferlegt, ist auch das Krankengeld grundsätzlich gesperrt. Meist kommt es zu einer Sperrzeit, weil dem Arbeitnehmer fristlos oder verhaltensbedingt gekündigt wurde. Arbeitslosengeld und Krankengeld bleiben dann grundsätzlich 12 Wochen lang aus.

 

5. Kann ich im Krankenstand selbst kündigen?

Arbeitnehmer haben grundsätzlich das Recht, jederzeit zu kündigen – auch wenn sie krank sind. Ausnahmen gelten in der Regel nur für Auszubildende und befristet Beschäftigte.

Natürlich muss der Arbeitnehmer sich an die Kündigungsvorschriften halten, beispielsweise die Kündigungsfrist. Darüber hinaus ist eine Kündigung für ihn aber deutlich einfacher als für den Arbeitgeber. Trotzdem sollte er bedenken, dass die Eigenkündigung auch über den Jobverlust hinaus Nachteile mit sich bringt. Nicht nur verhängt die Arbeitsagentur eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld, die sich ebenfalls auf das Krankengeld auswirkt. Auch die Chancen, eine Abfindung zu erstreiten, sind deutlich geringer.

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