Nach Kündigung krankschreiben lassen – Folgen & Alternativen

Nach einer Kündigung krankschreiben lassen – viele Arbeitnehmer greifen zu diesem Mittel, um Konflikten im Betrieb aus dem Weg zu gehen. Wir erklären, welche Folgen dies rechtlich haben kann und welche Alternativen es gibt.

Das Wichtigste zusammengefasst

  • Auch nach einer Kündigung können Sie sich noch krankschreiben lassen.
  • Bestätigt ein Arzt Ihre Arbeitsunfähigkeit, muss der Arbeitgeber dies in aller Regel akzeptieren und Sie weiterbezahlen.
  • Im Einzelfall kann der Arbeitgeber aber Umstände vortragen, die den Beweiswert der AU-Bescheinigung entkräften. Gelingt das, müssen Sie Ihre Erkrankung mit anderen Mitteln nachweisen (z.B. Vernehmung des Arztes erlauben).
  • Eine falsche Krankmeldung kann eine fristlose Kündigung und weitere Folgen nach sich ziehen. Sie bekommen dann ab sofort kein Geld mehr.
  1. Kündigung erhalten und krankschreiben lassen?
  2. Krankschreiben lassen nach eigener Kündigung oder Aufhebungsvertrag?
  3. Welche legalen Alternativen zur Krankschreibung gibt es?
  4. Was droht, wenn die Krankschreibung auffliegt?

1. Kündigung erhalten und krankschreiben lassen?

Natürlich können Sie auch nach einer Kündigung (also während der Kündigungsfrist) erkranken und sich folglich krankschreiben lassen. Für den Arbeitgeber hat das meist aber einen faden Beigeschmack. Er wird Ihre Krankmeldung daher unter Umständen anzweifeln.

Fehlen Sie während der Kündigungsfrist, ist es erforderlich, neben der Krankmeldung (bloße formlose Mitteilung der Erkrankung) gleich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Ihres Arztes einzureichen. Denn als Arbeitnehmer müssen Sie nachweisen, dass Sie tatsächlich erkrankt sind. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) ist das dazu vorgesehene Mittel.

Spätestens, wenn Sie drei Tage erkrankt sind, müssen Sie eine AU vorlegen. Gerade während der Kündigungsfrist kann es sinnvoll sein, schon ab dem ersten Krankheitstag eine AU einzureichen. Einige Arbeitsverträge verpflichten Sie dazu ohnehin.

Legen Sie eine AU vor, sind sie im Regelfall auf der sicheren Seite. Die Bescheinigung hat einen hohen Beweiswert, weil sie durch einen Arzt ausgestellt wird. So sieht es das Bundesarbeitsgericht (BAG) in ständiger Rechtsprechung. Im Normallfall müssen Sie darüber hinaus nichts tun.

In Einzelfällen kann Ihr Arbeitgeber die AU aber trotzdem anzweifeln. Dazu muss er vortragen, warum genau er vermutet, dass Sie nicht wirklich arbeitsunfähig erkrankt sind. Das wird dem Arbeitgeber wegen des hohen Beweiswertes der AU nur selten gelingen.

Das Bundesarbeitsgericht hat in einigen Fällen allerdings zu Gunsten des Arbeitgebers entschieden. Hier ist besondere Vorsicht geboten:

  • Der Arbeitnehmer hatte bereits angekündigt krankzufeiern (BAG, Urt. v. 4.10.1978 – Az. 5 AZR 326/77).
  • Die Arbeitsunfähigkeit wurde nachweislich ohne ärztliche Untersuchung ausgestellt („Ferndiagnose“) (BAG, Urt. v. 11.8.1976, Az. 5 AZR 422/75)
  • Der Arbeitnehmer meldet sich für den Zeitraum krank, für den er vergeblich Urlaub beantragt hatte (BAG, Urt. v. 4.10.1978 – Az. 5 AZR 327/77). Vorsicht: Eine außerordentliche Kündigung ist schon dann möglich, wenn Sie das Krankfeiern in dem Fall nur ankündigen (BAG, Urt. v. 12.3.2009 – Az. 2 AZR 251/07).
  • Regelmäßige Krankschreibungen vor oder nach dem Urlaub (BAG, Urt. v. 20.2.1985 – Az. 5 AZR 180/83).

Beachten Sie aber: Nur, weil der Arbeitgeber Zweifel äußert, heißt das nicht, dass Sie gleich aktiv werden müssen. Sie sollten also bei Nachfragen Ihres Arbeitgebers Ruhe bewahren. Stimmen Sie sich sicherheitshalber mit uns ab. Sie sind Ihrem Arbeitgeber zunächst einmal nicht zur Auskunft über Ihre Erkrankung verpflichtet. Sie müssen die Art Ihrer Erkrankung nicht offenlegen. Sie sollten sich bedeckt halten. Andernfalls laufen Sie Gefahr, durch widersprüchliche Angaben den Beweiswert Ihrer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung selbst zu schmälern.

 

2. Krankschreiben lassen nach eigener Kündigung oder Aufhebungsvertrag?

Für eine Kündigung durch Sie als Arbeitnehmer gilt grundsätzlich das Gleiche. Auch hier sollten Sie aber beachten, dass im Einzelfall Zweifel an Ihrer Arbeitsunfähigkeit entstehen können.

Das BAG hat kürzlich in einem solchen Fall gegen eine Arbeitnehmerin entschieden (BAG, Urt. v. 8.9.2021 – Az. 5 AZR 149/21). Diese hatte zeitgleich zu ihrer Kündigung eine AU-Bescheinigung passgenau bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eingereicht. Das BAG sah darin keinen Zufall und forderte die Arbeitnehmerin deshalb auf, ihre Arbeitsunfähigkeit darzulegen und zu beweisen. Sind Sie tatsächlich erkrankt, können Sie z.B. Ihren Arzt von der ärztlichen Schweigepflicht entbinden und diesen um Bestätigung bitten. Im BAG-Verfahren tat die Arbeitnehmerin dies nicht. Ausnahmsweise sah das Gericht den Beweiswert der AU-Bescheinigung deshalb als entwertet an.

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3. Welche legalen Alternativen gibt es zur Krankschreibung?

Viele Arbeitnehmer lassen sich sich während der Kündigungsfrist krankschreiben, obwohl sie arbeitsfähig sind. Es gibt allerdings oft andere – rechtmäßige – Wege, um der Arbeit nach einer Kündigung fernzubleiben. In Betracht kommen:

Überstunden abfeiern

Meist ist im Arbeitsvertrag bereits geregelt, was mit offenen Überstunden nach einer Kündigung passiert. Sie werden häufig in Freizeit ausgeglichen und nicht gesondert vergütet. Zur Überbrückung der Kündigungsfrist kann das hilfreich sein. Allerdings verhindern Sie so die Auszahlung offener Überstunden am Ende Ihres Arbeitsverhältnisses.

Resturlaub nehmen

Für Resturlaub gilt: Sie können auch für die Dauer Ihrer Kündigungsfrist noch Urlaub beantragen. Ob Ihr Arbeitgeber diesen gewähren muss, hängt von den üblichen Maßstäben ab. Insbesondere kommt es darauf an, ob die betrieblichen Umstände Ihrem Urlaubsantrag im Wege stehen. Der Arbeitgeber kann Ihnen nach einer Kündigung also nicht einfach Urlaub verweigern.

Im Einzelfall darf der Arbeitgeber sogar selbst Resturlaub im Kündigungszeitraum anordnen.

Bleiben Urlaubstage offen, sind Ihnen diese in Geld auszuzahlen. Je mehr Urlaub Sie also während der Kündigungsfrist nehmen, desto geringer fällt diese Abgeltungszahlung aus.

Freistellung

Als Arbeitnehmer sind Sie aber nicht unbedingt daran interessiert, Ihre Überstunden und Urlaubstage für den Kündigungszeitraum zu „verbrauchen“. In diesen Fällen kann sich eine Freistellung durch den Arbeitgeber anbieten. Oftmals ist der Arbeitgeber nach einer Kündigung nicht mehr an Ihrer Arbeitsleistung interessiert. Eine angreifbare Krankmeldung bzw. -schreibung ist dann überflüssig. Stattdessen können Sie Ihren Arbeitgeber um Freistellung bitten. Ob sich dieser darauf einlässt, hängt vom Einzelfall ab. Insbesondere bei konfliktbelasteten Arbeitsverhältnissen geht die Initiative sogar oft vom Arbeitgeber selbst aus.

Ihr Lohnanspruch besteht grundsätzlich auch während der Freistellung fort. Entgeltreduzierungen müssen vereinbart werden.

Vorsicht: Unter Umständen kann der Arbeitgeber die Freistellung mit Ihrem Resturlaub verrechnen, wenn er Ihnen zeitgleich mit der Freistellung wirksam Urlaub erteilt (BAG, Urt. v. 22.10.2019 – Az. 9 AZR 98/19). In dem Fall wird auch bei der Freistellung Ihr Resturlaubsanspruch gemindert.

Abwicklungsvertrag

Möchten Sie noch vor Ablauf Ihrer Kündigungsfrist eine neue Stelle antreten, bietet sich oft ein sog. Abwicklungsvertrag an. Dieser hat mit der Kündigung oder einem Aufhebungsvertrag grundsätzlich nichts zu tun. Der Abwicklungsvertrag dient vielmehr dazu, Art und Weise der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einvernehmlich zu regeln. Darin können Sie insbesondere ein früheres Ausstiegsdatum vereinbaren. Natürlich werden Sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr weiterbezahlt. Bei geschickter Verhandlung lässt sich aber eine Abfindung aushandeln, da der Arbeitgeber durch Ihren früheren Austritt Lohnkosten spart.

Freizeit für Stellensuche

Möchten Sie allein für Ihre Stellensuche Freizeit gewinnen, hilft Ihnen unter Umständen § 629 BGB weiter. Danach muss der Arbeitgeber Ihnen für Vorstellungsgespräche etc. grundsätzlich freigeben. Sie werden währenddessen regelmäßig auch weiterbezahlt.

Vorsicht: § 629 BGB kann im Arbeitsvertrag abbedungen sein. Die Regelung hilft Ihnen dann nicht weiter.

4. Was droht, wenn die Krankschreibung auffliegt?

Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist grundsätzlich zwar schwer zu entkräften. Kann Ihr Arbeitgeber aber beweisen, dass Sie nicht wirklich krank waren, drohen Ihnen schwerwiegende Konsequenzen.

Ihr Arbeitgeber muss Ihnen nicht länger Entgeltfortzahlung leisten. Bleiben Sie also der Arbeit fern, werden Sie nicht weiterbezahlt.

Es kann allerdings noch deutlich schlimmer kommen: Eine falsche Krankschreibung oder AU berechtigt den Arbeitgeber im Regelfall zur außerordentlichen Kündigung. Das heißt, er kann Sie fristlos entlassen. Das entspricht zwar zunächst Ihrem Wunsch, früher aus dem Unternehmen auszuscheiden, ist aber mit erheblichen Nachteilen verbunden:

  • Eine außerordentliche Kündigung ist ein dunkler Fleck in Ihrem Lebenslauf und schmälert die Chancen auf einen neuen Arbeitsplatz.
  • Im Fall der fristlosen Kündigung muss der Arbeitgeber Sie keinen weiteren Tag weiterbezahlen.
  • Auch auf das Arbeitslosengeld wirkt sich die fristlose Kündigung nachteilig aus, da Ihnen eine Sperrzeit droht. Das heißt in der Regel, dass Sie grundsätzlich zwölf Wochen auf Ihr Arbeitslosengeld I warten müssen.
  • Bieten Sie Ihrem Arbeitgeber einen Grund zur fristlosen Kündigung, wird sich das auch nachteilig auf Ihr Arbeitszeugnis auswirken.
  • Eine „gefakte Krankmeldung“ kann außerdem einen strafbaren Betrug darstellen (§ 263 StGB). Fliegt Ihr Schwindel auf, droht eine Anzeige durch den Arbeitgeber, die strafrechtliche Ermittlungen nach sich zieht.
  • Auch Ihrem Arzt können straf- und berufsrechtliche Konsequenzen drohen.

Im Übrigen kann bereits die bloße Androhung einer Krankschreibung ausreichen, um eine außerordentliche Kündigung zu begründen (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 4.5.2021 – 5 Sa 319/20). Sie sollten eine Krankschreibung also nie als Druckmittel verwenden, um beispielsweise eine Freistellung auszuhandeln.

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