Aufhebungsvertrag, Turboklausel & Sprinterklausel: Vor- und Nachteile
Viele Arbeitnehmer sind sich unsicher, ob sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben sollen. Welche Vor- und Nachteile sich aus einem Aufhebungsvertrag ergeben, erfahren Sie hier. Sie erhalten insbesondere Informationen zur sog. Turboklausel bzw. Sprinterklausel.
Das Wichtigste zusammengefasst
- Ein Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis einvernehmlich.
- Im Aufhebungsvertrag kann frei vereinbart werden, wann das Arbeitsverhältnis enden soll.
- Mit Abschluss des Aufhebungsvertrags verzichtet der Arbeitnehmer auf seinen Kündigungsschutz. Auch der Betriebsrat muss nicht mehr angehört werden.
- Im Aufhebungsvertrag wird regelmäßig die Zahlung einer Abfindung vereinbart.
- Wird das Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag vorzeitig beendet, wird die Abfindung auf den Bezug von Arbeitslosengeld angerechnet.
- Die Bundesagentur für Arbeit darf in einigen Fällen eine Sperrfrist von bis zu 12 Wochen verhängen, wenn der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag ohne wichtigen Grund schließt. Solange die Sperrfrist läuft, erhält der Arbeitnehmer kein Arbeitslosengeld.
- Besondere Vorteile kann eine Turboklausel bzw. Sprinterklausel bieten.
- Aufhebungsvertrag: Was ist das?
- Diese Vorteile hat ein Aufhebungsvertrag für Arbeitnehmer
- Diese Nachteile hat ein Aufhebungsvertrag für Arbeitnehmer
- Turboklausel bzw. Sprinterklausel im Aufhebungsvertrag
1. Aufhebungsvertrag: Was ist das?
Soll ein Arbeitsverhältnis beendet werden, kommt neben einer Kündigung auch der Abschluss eines Aufhebungsvertrags in Betracht. Während die Kündigung einseitig von Arbeitnehmer oder Arbeitgeber ausgesprochen wird, wird der Aufhebungsvertrag einvernehmlich zwischen beiden Parteien geschlossen. Die Initiative dazu kann von beiden Parteien ausgehen. Oft ist es aber der Arbeitgeber, der den Abschluss des Aufhebungsvertrags vorschlägt.
Arbeitnehmer müssen sich dann nicht zur Unterzeichnung verpflichtet fühlen, sondern der Aufhebungsvertrag kommt – wie erläutert – nur zustande, wenn auch sie wollen, dass das Arbeitsverhältnis auf diese Weise endet.
2. Diese Vorteile hat ein Aufhebungsvertrag für Arbeitnehmer
Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags kann für beide Seiten eine Win-Win-Situation darstellen. Dies hängt allerdings oft vom Verhandlungsgeschick des Arbeitnehmers bzw. seines Anwalts ab. Es empfiehlt sich daher in jedem Fall, zunächst einen erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuschalten.
2.1. Abfindung
Regelmäßig wird im Aufhebungsvertrag die Zahlung einer Abfindung an den Arbeitnehmer vereinbart. Im Gegenzug verzichtet dieser auf seinen Kündigungsschutz, was der Arbeitgeber sich mit der Abfindung quasi „erkauft“.
Eine (hohe) Abfindung kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber eine Kündigung gar nicht oder nur schwer vor Gericht durchsetzen könnte. Gerade bei betriebsbedingten Kündigungen, bei denen der Arbeitgeber verpflichtet ist, eine fehleranfällige Sozialauswahl zu treffen, kann ein Aufhebungsvertrag für den Arbeitgeber selbst mit einer hohen Abfindung attraktiver sein.
Die Aussichten auf eine Abfindung sind demgegenüber also eher schlecht, wenn der Arbeitgeber ohne Weiteres kündigen könnte, z.B. weil der Mitarbeiter unbestreitbar eine Straftat zulasten des Arbeitgebers begangen hat.
Wie die Höhe der Abfindung tatsächlich ausfällt, kann zwischen den Parteien frei vereinbart werden. In der Praxis hat sich eine Faustformel etabliert, die oft eine erste Orientierung geben kann:
0,5 Monatsgehälter (brutto) x Anzahl der Beschäftigungsjahre beim Arbeitgeber
Beispiel: Arbeitnehmer A ist seit 3 Jahren im Betrieb von Arbeitgeber B beschäftigt. Dabei verdient er monatlich 2.500€ brutto. Nach der Faustformel würde die Abfindung 0,5 x 2.500€ x 3 Beschäftigungsjahre und somit 3.750€ betragen.
Übrigens: Eine Abfindung wird steuerlich günstiger behandelt als der reguläre Verdienst aus dem Arbeitsverhältnis (sog. Fünftelregelung – dazu unten mehr). Außerdem werden keine Beiträge an die Sozialversicherung fällig.
2.2. Wohlwollendes Arbeitszeugnis
Im Aufhebungsvertrag kann vereinbart werden, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer ein wohlwollendes Arbeitszeugnis auszustellen. Im Falle einer Kündigung könnte damit zu rechnen sein, dass das Arbeitszeugnis nicht ganz so gut ausfällt.
2.3 Keine fristlose Kündigung
Außerdem kann durch einen Aufhebungsvertrag möglicherweise eine fristlose Kündigung abgewendet werden. Die Suche nach einer neuen Beschäftigung fällt um einiges schwerer, wenn das letzte Arbeitsverhältnis mit einer fristlosen Kündigung endete.
Zudem kann vereinbart werden, dass das Arbeitsverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt endet, als es mit einer fristlosen Kündigung der Fall wäre. Der Arbeitnehmer bekommt dann die Gelegenheit, sich um eine neue Stelle zu bemühen. So werden Lücken im Lebenslauf vermieden.
2.4 Keine Kündigungsfrist
Grundsätzlich dienen die gesetzlichen Kündigungsfristen vor allem dem Schutz des Arbeitnehmers. Er soll nicht plötzlich ohne Arbeit sein und somit unerwartet sein Einkommen verlieren. Unter Umständen kann es aber auch im Interesse des Arbeitnehmers sein, das Arbeitsverhältnis zum aktuellen Arbeitgeber schnellstmöglich zu beenden.
Beispiel: Arbeitnehmer A arbeitet für Arbeitgeber B, ist aber unzufrieden und würde gerne in einem neuen Betrieb anfangen. Tatsächlich bekommt er ein Jobangebot von Arbeitgeber C, der aber möglichst schnell einen neuen Arbeitnehmer sucht und A deswegen nur einstellen will, wenn dieser sofort zur Verfügung steht.
Nach den gesetzlichen Kündigungsfristen müsste A mindestens eine vierwöchige Kündigungsfrist abwarten. Daher geht er auf Arbeitgeber B zu, um mit diesem einen Aufhebungsvertrag zu schließen. Im Aufhebungsvertrag möchte er dann vereinbaren, das Arbeitsverhältnis schnellstmöglich zu beenden, um sofort bei Arbeitgeber C anfangen zu können.
3. Diese Nachteile hat ein Aufhebungsvertrag für Arbeitnehmer
3.1 Kein Kündigungsschutz
Der Aufhebungsvertrag wird freiwillig zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschlossen. Daher verzichtet der Arbeitnehmer auf seinen Kündigungsschutz, wenn er den Vertrag unterzeichnet. Dies hat weitreichende Folgen:
- Der Arbeitnehmer gibt die Stelle auf, obwohl er möglicherweise gar nicht hätte gekündigt werden können oder die Kündigung vor Gericht nur schwer durchsetzbar gewesen wäre. Auch ein eventuell bestehender Sonderkündigungsschutz (z.B. für Schwerbehinderte, Schwangere, Betriebsräte, Auszubildende) hilft dann nicht mehr.
- Im Aufhebungsvertrag kann frei vereinbart werden, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Das kann für den Arbeitnehmer vorteilhaft sein (s.o.). Unter Umständen scheidet er aber entgegen seinem Interesse eher aus dem Betrieb aus, als es im Rahmen einer Kündigung der Fall wäre.
- Schließlich muss beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags (im Gegensatz zu einer Kündigung durch den Arbeitgeber) nicht der Betriebsrat beteiligt werden.
3.2 Sperrfrist beim Arbeitslosengeld, Anrechnung
Wichtig ist außerdem zu wissen, dass durch den Aufhebungsvertrag Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld entstehen können.
Von der Bundesagentur für Arbeit (BA) wird der Abschluss eines Aufhebungsvertrags nämlich wie eine Arbeitnehmerkündigung bewertet, sodass zulasten des Arbeitnehmers eine Sperrfrist von bis zu 12 Wochen verhängt werden kann. Während der Sperrfrist kann der Arbeitnehmer dann kein Arbeitslosengeld (§ 159 SGB III) beziehen.
Beispiel: Arbeitnehmer A hat einen Aufhebungsvertrag geschlossen. Normalerweise könnte er nun 12 Monate Arbeitslosengeld beziehen. Allerdings verhängt die Agentur für Arbeit gegen ihn eine Sperrfrist von 12 Wochen. Diese werden auf die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes angerechnet. Er kann somit nur noch circa 9 Monate Arbeitslosengeld beziehen und verliert daher ungefähr 1/4 des maximal möglichen Arbeitslosengeldes.
Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Arbeitnehmer einen wichtigen und nachweisbaren Grund für den Abschluss des Aufhebungsvertrags vorweisen kann. Voraussetzung sind folgende Punkte:
- Dem Arbeitnehmer ist eine Kündigung in Aussicht gestellt worden, die auf betrieblichen oder personenbedingten Gründen beruht.
- Das Arbeitsverhältnis wird nicht vorzeitig vor Ablauf der hypothetischen Kündigungsfrist beendet.
- Der Arbeitnehmer war nicht unkündbar.
- Es wurde eine Abfindung von bis zu 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr vereinbart.
Ist zwar der größte Teil dieser Punkte erfüllt, wurde aber keine Abfindung oder eine Abfindung in anderer Höhe gezahlt, muss der Arbeitnehmer vor der BA glaubhaft darlegen, dass er den Arbeitsvertrag unterschrieben hat, um
- einer rechtmäßigen Kündigung des Arbeitgebers vorzukommen und
- weil aufgrund der bevorstehenden Kündigung objektive Nachteile zu befürchten waren. Als ein solcher Nachteil kann auch der Entfall der (höheren) Abfindung gelten.
In diesem Fall prüft die BA die Rechtmäßigkeit einer hypothetischen Kündigung. Wäre diese wirksam gewesen, wird keine Sperrfrist verhängt.
Darüber hinaus kann die Abfindung auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden. Dies kommt aber nur in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis laut Aufhebungsvertrag früher enden soll, als es im Rahmen der ordentlichen Kündigungsfristen der Fall wäre.
Werden durch den Aufhebungsvertrag ordentliche Kündigungsfristen umgangen, ist also besondere Vorsicht geboten!
4. Turboklausel bzw. Sprinterklausel im Aufhebungsvertrag
4.1 Was ist eine Turboklausel bzw. Sprinterklausel im Aufhebungsvertrag?
Viele Aufhebungsverträge beinhalten eine sog. Sprinterklausel oder Turboklausel. Der Arbeitnehmer erhält dann eine höhere Abfindung (Sprinter-/Turboprämie), wenn er früher als eigentlich vorgesehen das Unternehmen verlässt, z.B. weil er schon eine neue Stelle gefunden hat.
Beispiel: Arbeitnehmer A und Arbeitgeber B haben sich in einem Aufhebungsvertrag geeinigt, dass A den Betrieb in sechs Wochen verlässt. Er soll dann eine Abfindung von 3.000€ erhalten. In einer Sprinter-/Turboklausel wird vereinbart, dass A für jeden Tag, den er vor Ablauf der sechs Wochen ausscheidet, weitere 50€ auf die Abfindung erhält. Schon nach vier Wochen beginnt A ein neues Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber. Seine Abfindung i.H.v. 3.000€ erhöht sich daher um 10 offene Arbeitstage x 50€ (= 500€) auf 3.500€.
Die Turboklausel ermöglicht es dem Arbeitnehmer, flexibel auf eine neue Stelle zu wechseln und zusätzlich eine höhere Abfindung zu erhalten. Die Sprinterprämie ist für ihn daher oft sehr attraktiv: Er steht eine Zeit lang so, als erhielte er doppeltes Gehalt. Er bekommt zum einen den Lohn vom neuen Arbeitgeber und zusätzlich die erhöhte Abfindung.
Ohne die Turboklausel müsste der alte Arbeitgeber der neuen Beschäftigung zustimmen. Dies geschieht in der Regel, indem das alte Arbeitsverhältnis frühzeitig beendet wird – hier aber ohne Prämie. Stimmt der Arbeitgeber nicht zu, müsste der Arbeitnehmer sich den Lohn aus der neuen Stelle gegenüber dem alten Arbeitgeber unter Umständen anrechnen lassen.
Auch der Arbeitgeber profitiert von der Turboklausel: Er erspart sich den Arbeitgeberanteil an die Sozialkassen und oft auch einen Teil des Gehalts.
4.2 Welche Nachteile hat eine Turboklausel?
Die Turbo- bzw. Sprinterklausel ist nur ein Angebot des Arbeitgebers. Findet der Arbeitnehmer vor Ende des alten Arbeitsverhältnisses keine neue Stelle, bleibt es bei der ursprünglich vorgesehenen Abfindung (ohne Prämie). Insofern hat die Turboklausel zunächst einmal keine Nachteile für ihn.
Wenn die Beschäftigung beim neuen Arbeitgeber aus irgendwelchen Gründen nicht zustande kommen sollte, lässt sich der Schritt in der Regel nicht mehr rückgängig machen. Das kann zu finanziellen Nachteilen führen.
Beispiel: Arbeitnehmer C schließt mit Arbeitgeber D einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis in sechs Monaten enden soll. Für jeden Restarbeitstag, den C früher ausscheidet, soll er zusätzliche 40€ auf die Abfindung erhalten. Außerdem wird C für die verbleibenden sechs Monate unter Fortzahlung des vollen Gehalts freigestellt.
C glaubt schon nach zwei Wochen, eine neue Stelle gefunden zu haben und verlässt sich auf die „feste“ Zusage des neuen Arbeitgebers. Er macht von der Turboklausel Gebrauch, noch bevor er den neuen Arbeitsvertrag unterschrieben hat. Aus der neuen Stelle wird jedoch nichts. Nun erhält C zwar eine höhere Abfindung. Hätte er den Vertrag aber auslaufen lassen, wäre sein übriges Gehalt höher ausgefallen als die Turboprämie. Außerdem erhält C unter Umständen weniger Arbeitslosengeld, dazu mehr unter 3.
Der Arbeitnehmer muss außerdem unbedingt die einschlägigen Formalitäten beachten, wenn er von der Turboklausel Gebrauch macht. Ansonsten riskiert er, dass sein altes Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendet wird. Das kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass der alte Arbeitgeber eine fristlose Kündigung ausspricht und der Anspruch auf eine Abfindung entfällt.
Insbesondere die folgenden Punkte sind relevant:
- Für die Ausübung der Turboklausel gilt in der Regel eine Frist. Der Arbeitnehmer muss einige Tage (meist 14) vor Antritt seiner neuen Stelle Bescheid geben.
- Der Arbeitnehmer muss die gesetzliche Schriftform einhalten, wenn er die Turboklausel einsetzen möchte. Eine mündliche Erklärung oder ein Fax reichen nicht aus! Dem Arbeitgeber muss ein persönlich unterzeichnetes Schreiben im Original zugehen.
4.3 Was gilt für das Arbeitslosengeld bei einer Sprinterklausel?
Der Arbeitnehmer kann die Sprinterklausel theoretisch auch verwenden, wenn er (noch) keine Anschlussbeschäftigung gefunden hat. Das sollte allerdings gut überlegt sein! In der Regel drohen finanzielle Nachteile, wenn keine unmittelbare Anschlussbeschäftigung gefunden wird.
Das Arbeitsamt kann ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (ALG I) anordnen, wenn der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet. Vorzeitig bedeutet in diesem Zusammenhang vor Ende der Kündigungsfrist, die gelten würde, wenn es statt des Aufhebungsvertrags zu einer Kündigung durch den Arbeitgeber gekommen wäre. Zudem wird die Sprinterprämie auf das Arbeitslosengeld angerechnet.
Beispiel: Arbeitnehmer E vereinbart mit seinem Arbeitgeber F einen Aufhebungsvertrag mit Sprinterklausel. Laut Aufhebungsvertrag endet das Arbeitsverhältnis nach drei Monaten, E wird für diese Zeit jedoch nicht freigestellt. Diese drei Monate entsprechen der gesetzlichen Kündigungsfrist. E entscheidet sich, die Turboklausel einzusetzen und hört zwei Monate früher auf zu arbeiten. Eine neue Stelle hat er nicht. Das Arbeitsamt wird hier wahrscheinlich eine Sperrzeit für den Anspruch auf ALG I verhängen, da E seine Kündigungsfrist unterschritten hat. Er erhält dann insgesamt weniger ALG I.
Das Arbeitsamt will damit verhindern, dass der Arbeitnehmer für dieselbe Zeit Arbeitslosengeld und eine Sprinterprämie erhält. Er soll nicht auf Staatskosten doppelt kassieren.
Auch wenn der Arbeitnehmer die Sprinterklausel erst nach Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist nutzt, verhängt das Arbeitsamt mitunter eine Sperrzeit.
4.4 Wie ist die Sprinterprämie zu versteuern?
Die Sprinterprämie ist zu versteuern. Nach welchen Regeln dies geschieht, lässt sich pauschal nicht beantworten. Hier kommt es einmal mehr auf den Einzelfall an.
In Betracht kommt, dass die sog. Füftelregelung zu einem begünstigten Steuersatz führt. Dies wurde von den Gerichten teilweise aber abgelehnt. Die Chancen auf diesen niedrigeren Steuersatz erhöhen sich, wenn der Arbeitgeber im Aufhebungsvertrag ausdrücklich klarstellt, dass die Ausübung der Turboprämie in seinem Sinne ist.
Die sog. Fünftelregelung gilt aber in aller Regel für den übrigen Teil der Abfindung. Dieser Betrag wird so behandelt, als würde er über fünf Jahre ausgezahlt.
- Dazu wird zunächst auf das reguläre Jahreseinkommen ein Fünftel der Abfindung draufgerechnet.
- Im zweiten Schritt wird die Differenz gebildet von der Steuerlast mit und ohne dem einen Fünftel der Abfindung.
- Dieser Betrag wird dann verfünffacht, um den Gesamtbetrag an Steuern für die Abfindung zu erhalten.
Diese Berechnung ist günstiger für den Arbeitnehmer, da so meistens ein niedrigerer Steuersatz greift.
Beispiel (die Zahlen dienen nur der Illustration): Arbeitnehmer X erhält eine Abfindung von insgesamt 20.000 €. Sein restliches zu versteuerndes Einkommen in diesem Jahr beträgt 50.000 €. Dafür müsste er 12.000 € Steuern bezahlen. Für den Betrag von 54.000 € (Einkommen plus 1/5 der Abfindung) fallen Steuern in Höhe von 14.000 € an. Die Differenz beträgt 2.000 €, mal fünf gerechnet ergibt sich eine Gesamtsteuersumme von 10.000 €. Würde man die Fünftelregelung nicht anwenden, müsste X in diesem Jahr insgesamt 60.000 € versteuern. Damit würde für ihn eine höhere Steuerklasse gelten und Steuerlast wäre entsprechend höher.
Der Arbeitnehmer muss auf die Sprinterprämie und die Abfindung grundsätzlich keine Beiträge an die Sozialversicherung bezahlen.
4.5 Gibt es eine Turboklausel auch im Kündigungsschreiben?
Auch bei einer Kündigung ist eine Turboklausel möglich. Diese wird jedoch nicht im Kündigungsschreiben selbst festgelegt. Drei Möglichkeiten kommen in Betracht:
- Arbeitnehmer und Arbeitgeber können in einem separaten Vertrag vereinbaren, wie die restliche Zeit des Arbeitnehmers beim Unternehmen aussehen soll. Diesen Vertrag nennt man Abwicklungsvertrag. Neben einer Abfindung oder Vereinbarungen über das Arbeitszeugnis kann auch hier eine Turboklausel aufgenommen werden. Für diesen Fall gelten ebenfalls die oben genannten Regeln.
- Der Arbeitnehmer klagt gegen die Kündigung. Vor Gericht einigt man sich auf einen sog. Vergleich. Darin ist meist vorgesehen, dass der Arbeitnehmer eine Abfindung erhält, seine Entlassung akzeptiert und die Klage fallenlässt. Nicht selten sieht ein Vergleich auch eine Sprinterklausel vor.
- Auch in Sozialplänen ist oft eine Sprinterklausel bzw. Turboklausel enthalten. Es gelten dann die o.g. Regeln. Hinter dem Link erfahren Sie, ob Sie die Abfindung aus einem Sozialplan annehmen sollten.